Hörbeispiele 1

Liedinformationen und Hörbeispiele zu den Liedern auf der Doppel-CD
„Ich hatt´einen Kameraden.“

1. O König von Preußen
(Worte: Anonym – Weise: Wir preußischen Husaren)

Dieses Klagelied aus der Zeit der Kabinettskriege des 18. Jahrhunderts schildert anschaulich den trostlosen und elenden Alltag der oftmals zwangsgepressten Soldaten – übrigens nicht nur in Preußen, wie Liedvarianten belegen. Kleinste Verfehlungen und Nachlässigkeiten wurden mit brutalen Strafen geahndet. Dem ausgedienten Soldaten blieb meistens nur der „Bettelsack“, da es keinerlei soziale Absicherung gab.

2.Soldatenschicksal
(Worte: Christian Friedrich Daniel Schubart –
Weise: Erich Schmeckenbecher)

(Kein Hörbeispiel)

In diesem Lied wird das Thema Soldatenelend nochmals aufgegriffen, wobei es hier ein ehemaliger Student ist, den das harte Los getroffen hat. Der Text und die ursprüngliche Weise stammen vermutlich aus der Feder von Christian Friedrich Daniel Schubart (1739-1791), der wegen seiner Kritik an der landesherrlichen Obrigkeit zehn Jahre lang auf der Festung Hohenasperg eingekerkert war. Unsere Vertonung stammt von Erich Schmeckenbecher („Zupfgeigenhansel“), dem an dieser Stelle herzlich gedankt sei.

3. Die große Hungersnot
(Worte und Weise: Anonym)

Wir haben dieses und die folgenden beiden Lieder, die an sich nichts mit dem Vormärz zu tun haben, mit in dieses Programm übernommen, um damit auf den „Volksliedsammler“ Hoffmann von Fallersleben hinzuweisen, der mit seinen „Schlesischen Volksliedern“ seinerzeit eine der ersten regionalen Liedsammlungen zusammengetragen hat. Auch war Hoffmann unseres Wissens der erste Universitätsgelehrte, der – damals noch als Professor in Breslau – eine Vorlesung über das Volkslied an einer deutschen Hochschule gehalten hat. Bei „Die große Hungersnot“ handelt es sich um ein ehemals wohl weitverbreitetes Lied, das mit seiner schlichten Darstellung und der schwermütigen Melodie zu den vermutlich eindruckvollsten deutschen Soldatenliedern gehört. Es findet sich bereits in dem 1848 erschienenen Deutschen Volksgesangbuch von Hoffmann von Fallersleben. Dabei ist unklar, ob sich die Schilderung auf die schreckliche Hungersnot während des 30jährigen Krieges oder auf den Siebenjährigen Krieg in Schlesien bezieht.

4. Der Musketier
(Worte und Weise: Anonym, vermutlich um 1800)

In diesem bekannten bayerischen Volkslied wird in einer Strophe spöttisch ein ausgedienter Musketier besungen, der bei den Bauern als Bettelmusikant sein karges Brot verdienen muss.

5. Zu Straßburg auf der Schanz
(Worte und Weise: Anonym, um 1790)

Dieses Lied stammt aus der Spätzeit der Söldnerheere der Kabinettskriege um 1790, als es in Frankreich ebenfalls noch das stehende Heer gab, das sich zumeist aus zwangsrekrutierten Soldaten zusammensetzte. Geschildert wird die Erschießung eines Deserteurs, der zu den Preußen hatte überlaufen wollen.

6. Ich hatt‘ einen Kameraden (1809)

(Kein Hörbeispiel)

„Der gute Kamerad“ ist auch heute noch – zumeist in einer reinen Instrumentalfassung – am Volkstrauertag zu hören und soll an die Opfer der beiden Weltkriege erinnern. Ludwig Uhland hat dieses Lied, das sich bemerkenswert von anderen zeitgenössischen „Kriegsgesängen“ abhebt und zum „Volksgut“ geworden ist, im Jahr 1809 unter dem Eindruck der napoleonischen Kriege geschrieben.

7. Ich hatt‘ einen Kameraden (1902)
(Worte: Anonym, 1902 – Originaltext und Weise: Ludwig Uhland, 1809)

Ludwig Uhland Lied „Der gute Kamerad“ diente wegen seiner Vorlage auch gerne als Vorlage für Parodien. Diese Kontrafaktur aus dem Jahr 1902 wurde seinerzeit in einem Regiment in Halle gesungen.

8. Ich hatt‘ einen Kameraden (1917)
(Worte: Anonym, 1917/18 – Originaltext und Weise: Ludwig Uhland, 1809)

Von desillusionierten österreichischen Soldaten ist eine weitere Fassung von Uhland „Der gute Kamerad“ überliefert, in der sich der Auflösungsprozess des Vielvölkerstaates der österreichisch-ungarischen Donaumonarchie am Ende des Ersten Weltkrieges spiegelt. Fremdnationale Mitkämpfer mutieren plötzlich zum Feind, gegen den es sich zur Wehr zu setzen gelte.

9. Schlacht bei Regensburg
(Worte und Weise: Anonym, 1809)

In der „Schlacht bei Regensburg“ werden sehr eindringlich, detailliert und ausführlich die militärischen Auseinandersetzungen zwischen den Österreichern auf der einen sowie den Franzosen und ihren bayerischen Bundesgenossen auf der anderen Seite in der freien Reichsstadt Regensburg im April 1809 geschildert. Zu diesen Kampfhandlungen im weiteren Sinn gehören auch die Schlachten bei Eggmühl, Abensberg und Thann (heute Herrnwalthann / Hausen). Neben den zahllosen Menschenopfern, die gerade auch unter der Zivilbevölkerung zu beklagen waren, blieb – nachdem die Österreicher schließlich weichen mussten – eine teilweise zerstörte Stadt zurück …

10. D’ Salzburger Landwehr
(Worte und Weise: Anonym, aus der Gegend um Salzburg 1808/09)

Das Salzburger Landwehrlied zählt wohl mit zu den originellsten Liedern aus der Napoleonzeit. Am 09. Juni 1809 erließ Franz I. von Österreich unter dem Eindruck der Kämpfe in Spanien gegen die napoleonischen Truppen das Landwehrpatent. Der Landwehr gehörten demnach alle wehrfähigen Männer zwischen 18 und 35 Jahren an, die der Heerespflicht unterlagen. „Nur schee langsam voran“ lautet hier der Appell der behäbigen, kriegsunerfahrenen Landwehrleute. Sie vermögen den „schnellen“ regulären Truppen nicht so recht zu folgen. Wie selbstironisch vermerkt wird, ist es mit der Kriegslust und der Tapferkeit weder bei den honorablen Vorgesetzten noch bei den Mannschaften weit her. Ein wenig später entstand im norddeutschen Raum das Lied „Die lippischen Schützen“, welches eine ähnliche Thematik aufweist und in den 1970er Jahren durch die Hamburger Gruppe „Liederjan“ verbreitet und populär wurde.

11. ‘s ist Alles lauter Falschheit
(Worte: Anonym, um 1813/14 – Weise: „The Bonny Light Horseman“)

In diesem Lied wird die traurige Perspektive der betroffenen zwangseingezogenen Soldaten geschildert, die ihre trauernden Angehörigen verlassen mussten, um gegen Napoleon ins Feld zu ziehen. Die „Feldtauglichkeit“ musste – wenn kein Ersatzmann gestellt werden konnte – innerhalb kürzester Zeit hergestellt werden. Dem Text wurde von uns eine zeitgenössische iro-schottische Melodie – “The Bonny Light Horseman“ – unterlegt, die uns besser angesprochen hat als die ursprüngliche Weise

12. Man gab uns viele schöne Wort’ (1815)
(Worte: Anonym – Weise: U. Otto)

Der unbekannte Verfasser dieses ersten vorgestellten Liedes, das uns der fränkische Liedersammler und Liedforscher Franz Wilhelm Freiherr von Ditfurth überliefert hat, scheint einer der zahllosen aktiven Teilnehmer der „Freiheitskriege“ gewesen zu sein, der, vertrauend auf die Versprechungen der Landesherren in Bezug auf ein einiges Deutschland mit einer Verfassung und frei gewählten Volksvertretung, in den Krieg gegen die französische Fremdherrschaft gezogen war. Seine angesichts des Wiener Kongresses enttäuschten Erwartungen und Hoffnungen haben ihn zur Schreibfeder greifen lassen.

13. Wir wollen ihn nicht haben
(Worte: Anonym, März 1848 – Weise: Bär)

Das Flugblattlied „Wir wollen ihn nicht haben“, eine Zusammenstellung zweier Lieder sowie Kontrafaktur auf die Melodie des beliebten „Rheinliedes“ („Sie wollen ihn nicht haben, den freien deutschen Rhein“) von Nikolaus Becker aus dem Jahr 1840, wendet sich entschieden gegen den Prinzen Wilhelm, den Bruder König Friedrich Wilhelms IV. von Preußen als Scharfmacher und verhassten Vertreter der „Militärpartei“ am Königshof in Berlin. Er reorganisierte das preußísche Militär, dessen Oberbefehl er nach seiner Rückkehr aus dem englischen Exil im Sommer 1848 ab Anfang 1849 innehatte, zur blutigen Niederschlagung der Revolution in Baden und der Pfalz. 1871 sollte Wilhelm zum ersten deutschen Kaiser werden.

14. Steh’ ich in finstrer Mitternacht (1848)
(Worte: Anonym, Altenburg/Thüringen – Weise: „Ho Ro Mo Nighean Donn Bhóidleach“)

Hier geht es um die unmittelbaren Erfahrungen eines Soldaten während der Zeit der Volkserhebungen des Jahres 1848. Normalerweise waren die Soldaten früher in Privatquartiere einquartiert worden, was zum einen für das Militärbudget günstig, zum anderen für die Soldaten angenehm und bequem war, hatten sie doch in vielen Fällen „Familienanschluss“ und wurden mit versorgt. In der Revolutionszeit jedoch mussten sie im Regelfall biwakieren oder wurden in Garnisonen untergebracht, wodurch verhindert werden sollte, dass sie private Kontakte aufnahmen und mit der Bevölkerung fraternisierten. Ursprünglich wurde der Text auf ein bereits existierendes Lied gleichen Titels von Wilhelm Hauff (1802-1827), Schriftsteller des deutschen Biedermeier und einer der Hauptvertreter der Schwäbischen Dichterschule, verfasst, welches jener Mitte der 1820er Jahre geschrieben hatte. Wilhelm Hauff ist uns vor allem durch seine Märchen- und Sagensammlungen („Das Wirtshaus im Spessart“ u.a.) bekannt. Sein Lied war seinerzeit sehr populär, kam mit Auswanderern sogar mit in die USA, wo sich zwei angloamerikanische Versionen finden. Da uns die Melodie nach den langen Jahren, in denen sich das Lied in unserem Repertoire befand, inzwischen zu „abgespielt“ erschien, haben wir uns hier einer Weise schottischen Ursprungs bedient, die wir von der Rankin Family aus Nova Scotia gelernt haben.

15. Nun hütet euch, ihr Fürsten (November 1848)
(Worte: Anonym – Weise: “Bonny Woodhall“)

Eines der vielen Lieder, die sich mit dem tragischen Schicksal des Paulskirchenabgeordneten und Führers der dortigen Linken Robert Blum beschäftigen. „Nun hütet euch, ihr Fürsten“, lässt es dabei nicht bei der Erschießungsszene des 08. November 1848 in der Brigittenau in Wien bewenden, sondern geht auf die Vorgeschichte von Robert Blums tragischem Ende ein. Blum war zur Unterstützung der Revolution in Wien zusammen mit seinem Parlamentskollegen Julius Fröbel in die österreichische Hauptstadt geeilt. Auf ihre diplomatische Immunität aufgrund ihres Abgeordnetenstatus vertrauend verblieben die beiden auch nach dem Zusammenbruch der Wiener Herbstrevolte in der österreichischen Metropole. Das Kriegsgericht verurteilte Blum und Fröbel zum Tode. Ein Schreiben, in welchem die Hinrichtung der beiden Abgeordneten ausgesetzt werden sollte, kam für Robert Blum zu spät. Fröbel wurde begnadigt und aus Österreich abgeschoben. Wir haben den anonymen Text an einigen Stellen leicht verändert, ihn von „antislawischen Tönen“ gereinigt, und uns der Melodie eines iroschottischen Liedes – „Bonny Woodhall“ – bedient, die wir in den 1980er Jahren während eines Irlandaufenthaltes in Gorey von Andy Irvine und Paul Brady gelernt haben. Ursprünglich war der Text auf die Melodie des „Andreas Hofer-Liedes“ verfasst worden.

16. Badisches Wiegenlied (1849)
(Worte: Karl Ludwig Pfau – Weise: Volksweise)

Der Feder von Karl Ludwig Pfau (*25.08.1821 in Heilbronn – +12.04.1894 in Stuttgart) entstammt das „Badische Wiegenlied“, die wohl bewegendste Klage ob der preußischen Unterdrückungsmaßnahmen nach der endgültigen Niederschlagung der Revolution im Südwesten Deutschlands im Frühsommer des Jahres 1849, der zahllose Demokraten zum Opfer fielen und die viele Badener in der Folge zur Auswanderung – vor allem in die Vereinigten Staaten von Amerika als damaligem Hoffnungsträger und Zielland – bewog. Gegen das Wiedererstarken der Reaktion und deren Vorgehen gegen die revolutionären Errungenschaften des März 1849 – an deren Spitze sich die preußische Soldateska unter dem Oberfehl des „Kartätschenprinzen“, des Prinzen Wilhelm von Preußen, des späteren deutschen Kaisers Wilhelm I. setzte – und für die Erhaltung demokratischer Rechte hatte es 1849 mehrere Volksaufstände, so im Rheinland, in Westfalen, Sachsen, in der Pfalz und in Baden gegeben, die diesmal, – im Gegensatz zu früheren Revolten -, etwa in der Pfalz vom einheimischen Militär unterstützt wurde. Auf diese Kämpfe bezieht sich das „Badische Wiegenlied“ implizite. Das badische Rastatt wurde zur letzten Festung des badischen und pfälzischen Aufständischen, die der preußischen Soldateska hinhaltenden Widerstand leisteten. Als Rastatt Ende Juli 1849 gleichwohl vor der Übermacht kapitulieren musste, wurde eine große Anzahl von Aufständischen standrechtlich erschossen. Hunderte starben in preußischer Gefangenschaft, unzählige Menschen suchten ihr Heil in der Auswanderung. Noch jahrelang musste die Region unter der preußischen Besatzung leiden, was feindselige Gefühle wach hielt. Wenn Pfau leider auch inzwischen bei einer breiteren Öffentlichkeit weitestgehend in Vergessenheit geraten ist, wurde sein „Badisches Wiegenlied“ zu einem echten „Volkslied“, das in zahlreichen Varianten verbreitet noch lange Zeit gesungen und während des Deutsch-Folkrevivals der 1970er Jahre schließlich von zahlreichen Musikgruppen wiederentdeckt wurde.

17.Lied der New-Ulmer (Minnesota 1862)
(Worte: vermutlich Georg Meile, 1862 – Weise: Tradit. Aus Norwegen
„De twa Systrarne“)

Dieses Lied entstand unmittelbar nach dem Hungeraufstand der Santee-Sioux und der Belagerung New Ulms in Minnesota durch die aufständischen Indianer im Jahr 1862. Es wurde gesungen, als die vorwiegend aus Deutschland, speziell aus Bayern und Schwaben stammenden Einwohner der Stadt nach den Kämpfen in die benachbarte Ortschaft Mankato einzogen. Die Santee hatten lange Jahre als Maisbauern mit der weißen Bevölkerung in Frieden und Eintracht gelebt, viele von ihnen hatten sogar den christlichen Glauben angenommen. Nachdem eines Tages ihre Maisernten durch Schädlingsbefall vernichtet wurden und sie vom Hungertod bedroht waren, sahen sich die Santee unter ihrem Häuptling „Little Crow“ zur blutigen Revolte bewogen, da ihnen seitens ihrer weißen Nachbarn jegliche Unterstützung verweigert wurde. Darüber hinaus waren sie von den zuständigen Indianerbehörden auch noch betrogen worden. Der Indianeraufstand wurde blutig niedergeworfen und ein Kriegsgericht verurteile 307 Sioux zum Tode. Viele andere konnten sich diesem Schicksal nur durch die Flucht nach Kanada entziehen. Ob das Gros der weißen – und hier oftmals deutschstämmigen – Bevölkerung über das Schicksal der unglücklichen Santee-Nation und über die Ursachen und Gründe für deren Aufstand irgendeinen Gedanken „verschwendet“ hat ist fraglich.

18. Die Reise nach Jütland
(Worte und Weise: Anonym, 1848)

Ein Lied aus dem Vorfeld der deutschen Einigungskriege von 1864, 1866 und 1870/71. Schon im Jahre 1848 wurde auch Schleswig-Holstein in die revolutionären Geschehnisse einbezogen. Die Unruhen im äußersten Norden erhielten aber schon sehr bald den Charakter eines nationalen, antidänischen Aufstandes. Unser Lied reduziert die historischen Zusammenhänge, in denen es steht, auf das für den Sänger im Augenblick der Abreise an den Kriegsschauplatz vermeintlich Wichtige: den Abschied von der Liebsten und die Sorge, sie vielleicht nie mehr wiederzusehen.

19. Brandenborschet Landwehrlied
(Worte: Anonym, 1870/71 – Weise: „O Danneboom, o Danneboom“)

Der unbekannte Verfasser ruft – nach der für die deutschen Truppen siegreichen Schlacht bei Sedan am 01. Deptember 1870 – den kleinen Landwehrmann, in diesem Fall aus Brandenburg, zu den Waffen. Auch er solle nunmehr seinen Teil zum Sieg über Frankreich beitragen, das bereits von den Linientruppen der verschiedenen deutschen Länder hart bedrängt wurde, aber – und dies nicht zuletzt durch die französischen Franctireurs – erbitterten Widerstand leistete, wodurch der Krieg auf Seiten der Franzosen zu einem regelrechten „Volkskrieg“ wurde. In dem Lied wird auch noch einmal ausführlich auf die Vorgeschichte des deutsch-französischen Krieges von 1870/71 eingegangen.

20. Lithauisches Soldatenlied
(Worte: Anonym, 1870 – Weise: „O Danneboom, o Danneboom“)

Das „Lithauische Soldatenlied“ entstammt offensichtlich der Feder eines Tagespoeten aus der fernen preußischen Provinz, nämlich dem östlichsten Teil Ostpreußens, dem Memelland und somit Grenzgebiet zu dem damals russischen Litauen. Es ist in litauischem Dialekt verfasst und widmet sich ausschließlich der Person Kaiser Louis Napoleons, den es als Personifizierung des „französischen Erbfeindes“ schmäht. Da das Lied sich nicht konkret auf kriegerische Ereignisse des deutsch-französischen Krieges bezieht, sonst würde wohl triumphierend darauf eingegangen worden sein, ist es wahrscheinlich noch vor den ersten Gefechten verfasst worden.

21. Bei Sedan auf den Höhen
(Worte und Weise: Anonym, 1870)

Am 01. September 1870 wurde die Festung Sedan durch die deutschen Truppen eingenommen, wobei hier vor allem die bayerischen und sächsischen Verbände eine große Rolle spielten. In unserem – dem wohl heute noch bekanntesten – Sedanlied geht es primär nicht um das Kampfgeschehen oder Heroismus. Im Mittelpunkt steht vielmehr eines der zahllosen Opfer, das im Sterben um die Benachrichtigung seiner Hinterbliebenen bittet.

22. Siebzger Auszug
(Worte und Weise: Joseph Schweikl, 1870)

Im Mittelpunkt des „Siebzger Auszugs“ steht wieder einmal der unglückliche Franzosenkaiser, der im Kampf den Kürzeren zog und auf der Wilhelmshöhe bei Kassel einsitzen musste. Im Gegensatz zum Liedtext, in welchem dem Louis Napoleon ein elendes Schicksal prophezeit wird, waren die Haftbedingungen für ihn realiter relativ angenehm.

23. Wie wir Metz erobern
(Worte: Anonym – Weise: Es kann ja nicht immer so bleiben)

Der Text war ursprünglich ohne Melodie überliefert. Von der Gruppe „Liederjan“ haben wir neben der Melodie „Es kann ja nicht immer so bleiben“ am Anfang und am Ende des Liedes auch eine Strophe verwendet. Der unbekannte Verfasser schildert ohne Feinddenken mit bitterem Sarkasmus die Lage des kleinen Soldaten an der Front und geht dabei auf all die kleinen Widrigkeiten des Soldatenlebens ein, die dieses schon ohne Krieg zur Hölle machten.

24. Auf einer Verbandstation 1870
(Worte: J. Wothe – Weise: „Still min Hanne“)

In diesem Lied, das ein – wohl weitgehend zeituntypisches – Dokument humanitärer Gesinnung und der Versöhnung ursprünglich verfeindeter Soldaten darstellt, teilen ein verwundeter deutscher und ein französischer Soldat nicht nur das Krankenlager, sondern auch die gewiss nicht üppig bemessenen Rationen an Verpflegung, d.h. hier Brot, Wein und Käse. Dabei haben wir hierfür die Melodie eines plattdeutschen Wiegenliedes der Gruppe „Liederjan“ hergenommen und etwas verfremdet.

25. So is es zu Kriegeszeeten
(Worte: Anonym, 1870/71 – Weise nach Motiven aus „Dantes Prayer“ von Loreena McKennit)

(Kein Hörbeispiel)

Das schlesische Dialektlied aus dem Siebziger Krieg wendet sich ganz ausdrücklich gegen jede Form von Hurrapatriotismus, wie er sehr gerne an den Stammtischen der Daheimgebliebenen üblich und verbreitet war. Der Mär vom schönen, gemütlichen Krieg wird hier die selbsterlebte bittere Realität und das Elend des Kriegsgeschehens entgegengesetzt.

26. Ich bin Soldat
(Worte: vermutlich Max Kegel, vor 1870 und Max Hirsch, nach 1870
Weise: „Denkst du daran, mein tapferer Lagienka“)

In diesem – von uns aus zwei Versionen zusammengestellten – Zwiegespräch haben wir zwei Versionen kombiniert. Kegels Text thematisiert treffend die Unlust eines zum Dienst fürs Vaterland gepressten Soldaten, wogegen Hirschs satirisch-bittere Fassung eine nur scheinbar positive Aussage zum Soldat-sein-Müssen trifft.

27. Freinderl, kennst du das Haus
(Worte: Anonym, vermutlich 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts –
Weise: „Siebzger Auszug“)

Hier werden sehr anschaulich die Zustände im Münchner Soldatengefängnis am Paradeplatz beschrieben. Das „Zuchthauslied“ ist heute den Volksmusikfreunden vor allem durch die Überlieferung vom Kraudn Sepp bekannt.

28. Der Schwalangschér
(Worte und Weise: angeblich Dr. Carl Müller alias Saumüller, um 1820)

Das Lied vom „Chevauleger“ wird als das wohl vergnügteste bayerische Soldatenlied bezeichnet. In der Münchner Mundart werden die Fremdwörter hierbei so lange traktiert, bis sie wohl auch beispielsweise von einem Bauernbuben aus dem Dachauer Hinterland ausgesprochen werden konnten.

29. Fuchsmühler Holzschlacht (1894)
(Worte: Anonym – Musik: Regimentsmarsch des 6. Infanterieregiments zu Amberg)

„Die Fuchsmühler Holzschlacht“ aus dem Jahr 1894 scheint inhaltlich auf den ersten Blick zunächst natürlich nichts mit den Unruhen der Jahre 1848/1849 zu tun zu haben, weist jedoch insofern wieder einen direkten Bezug zur Revolutionszeit auf, als das in den 1890er Jahren im oberpfälzischen Amberg stationierte 6. Infanterieregiment während der unruhigen Jahre Mitte des 19. Jahrhunderts in der damals noch bayerischen Pfalz stationiert gewesen war, und seine Angehörigen 1849 während der dortigen Aufstände zu jenen Truppenteilen gehörten, die sich weigerten, gegen die Revolutionäre vorzugehen, wie uns Alfred Wolfsteiner, einer der besten Kenner der Fuchsmühler Ereignisse und Verfasser einer vorzüglichen Chronik mitteilte. Dies wurde in der Folgezeit – vor allem dann im militaristischen wilhelminischen Kaiserreich – als schmachvoll empfunden und als ein dunkler Fleck auf den Regimentsfahnen angesehen, den es unbedingt zu tilgen galt. Am 29./30. Oktober 1894 ging daher ein Departement des 6. Regiments gegen eine Abteilung unbewaffneter Bauern vor, die – gemäß eines uralten „Gewohnheitsrechts“ – ihr „Rechtholz“ für den Winter im Wald schlagen wollten, nachdem der neue Waldbesitzer und Rechtsinhaber Militär herbeigerufen hatte. Zwei tote Bauern und mehrere Verletzte blieben auf dem Kampfplatz zurück. Das sinnlose Blutbad wurde seinerzeit in der breiten Öffentlichkeit und auch seitens der überregionalen Presse heftig kritisiert und hat lange Zeit in der Erinnerung der einheimischen Bevölkerung überlebt. Es hat also nicht nur im gerade von vielen Bayern immer wieder vielkritisierten Preußen immer wieder gerade auch nach innen gerichtete militaristische Bestrebungen gegeben, um eine eventuell aufmüpfige Bevölkerung durch martialisches und brutales Vorgehen einzuschüchtern, zu disziplinieren und zu bestrafen …
Bei der von uns verwendeten Melodie handelt es sich um den Regimentsmarsch des 6. Regiments, den Uli seinerzeit – was den zweiten Teil anbelangt – rythmisch verändert hat.

30. Der Räuber-Hauptmann von Köpenick
(Worte: Otto Reutter – Weise: „Die Musik kommt“ von Oscar Strauss)

Im Herbst des Jahres 1906 wurde das Ansehen des Deutschen Reiches durch eine Affäre erschüttert, als der aus dem Zuchthaus entlassene Kleinkriminelle Wilhelm Voigt erneut in die Mühlen der Bürokratie geriet. Für seine Arbeitssuche benötigte er eine Aufenthaltsgenehmigung und einen Pass. Beides wurde ihm aber ohne Nachweis einer Arbeit vorenthalten. In einer bei einem Trödler erstandenen Hauptmannsuniform unterstellte er sich daraufhin ein Wachkommando und besetzte kurzerhand das Rathaus von Köpenick, um sich dort einen Pass zu beschaffen. Nur, Köpenick besaß keine Passabteilung. So machte sich Voigt mit der Gemeindekasse aus dem Staub, stellte sich später aber von sich aus den Behörden. Das Viele Texte und Karikaturen setzten sich mit diesem Vorfall auseinander. Das In- und Ausland und auch Kaiser Wilhelm II., der für den „Hauptmann von Köpenick“ durchaus Wohlwollen aufbrachte, lachte und bemerkte: „Da kann man sehen, was Disziplin heißt!“

31. Der abgerüstete Rekrut
(Worte und Weise: Otto Reutter)

Der bekannte Berliner Coupletsänger Otto Reutter macht sich in Gestalt eines Soldaten ironisch seine Gedanken zu zeitgenössischen Abrüstungsforderungen. Das Lied stammt aus dem ersten Jahrzehnt des 20. Jahrhunderts

32. Stets in Trauern muss ich leben
(Worte: Anomyn – Weise: Schweizer Volkslied „Stets in Trure“)

Dieses anonym verfasste Lied schildert das traurige Los der Soldaten im Fürstendienst und hier das spezielle Schicksal eines für ausländische Dienste Angeworbenen. Die Melodie wurde dem schweizerischen Volkslied „Stets in Trure“ entlehnt, welches das Duo „Zupfgeigenhansel“ seinerzeit bekannt gemacht hat.

33. Bibel und Flinte
(Worte: Anonym, etwa um 1890 –
Weise: „Es klappert die Mühle am rauschenden Bach“)

Das anonyme Spottlied auf die Kolonialpolitik des deutschen Reiches schildert Einblicke in die deutschen Kolonialpraktiken, die auch nicht humaner waren als diejenigen der andere Kolonialmächte. Den aktiven Missionaren kam bei der Eroberung und Aufteilung des afrikanischen Kontinents – aber auch anderer Gebiete! – eine wichtige Rolle zu. Die Mission nahm bezüglich der Ausrottungspolitik des Deutschen Reiches eindeutig Stellung für die weiße Obrigkeit. Das Lied, das zunächst in zeitgenössischen sozialdemokratischen Liederbüchern abgedruckt war, wurde Mitte der 1970er Jahre von der Gruppe „Zupfgeigenhansel“ wiederveröffentlicht.

34. Nach Südwesten hinzugehn war mein Begehr
(Worte: Anonym, um 1904 – Weise: Rainer Hasinger)

Aus den Aufzeichnungen des ehamligen Sergeanten E. Petrus, der den zweiten südwestafrikanischen Feldzug 1905/06 mitmachte, stammt dieses Liedbeispiel. Der Text gibt beredt den Frust der deutschen Kolonialsoldaten wieder, als diese gegen die Guerillakrieger von Hendrik Witbois und Jakob Morenga zeitweise nichts auszurichten vermochten. Auch das Problem Prostitution wird hier angesprochen. Rainer Hasinger hat sich mangels einer passenden Melodie als Komponist betätigt.

35. Ich zog zum fernen Afrika
(Worte und Weise: Anonym, um 1904)

In dem Lied, das aus den Aufzeichnungen des ehemaligen Sergeanten E. Petrus stammt, der den zweiten südwestafrikanischen Feldzug der deutschen Kolonialtruppen 1905/06 mitmachte, wird die alltägliche Realität des kleinen Schutztrupplers beschrieben, die den das Klima und die Lebensumstände nicht gewöhnten Soldaten oftmals mehr zusetzten als kriegerische Auseinandersetzungen.

36. Kiautschou-Lied
(Worte: Anonym – Weise: Argonnerwald-Lied)

Nach dem Boxeraufstand in China und der Ermordung des deutschen Gesandten von Ketteler, welche dieser durch sein brutales und darüber hinaus überheblich-unvorsichtiges Verhalten geradezu heraufbeschworen hatte, wurde ein alliiertes Expeditionskorps zur chinesischen Halbinsel Kiautschou entsandt, wobei sich die deutschen Tuppen hier durch besondere Grausamkeiten sogar bei ihren Alliierten unrühmlich hervortaten. Das Lied war vor 1914 bei den deutschen Matrosen sehr lebiebt.